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hèn dià dyoîn

Hen dia dyoin (HDD) bedeutet ‚eins (ausgedrückt) durch zwei‘. Es zählt zu den seit der Antike definierten und formulierten Redefiguren. Im Deutschen kann man für HDD die Bezeichnung ‚Zwillingsformel‘ oder ‚Zwillingsformulierung‘ verwenden. Streng genommen (und wird im Weiteren so verstanden) ist der Begriff HDD gebunden an die Ausdrucksweise mittels zweier Wörter, die mit ‚und‘ verbunden sind, und deren semantische Felder sich zumindest ein wenig bis hin zu sehr stark überschneiden. Als Ergebnis bzw. ‚Erfolg‘ dieser phraseologischen Methode zeigt sich ein deutlich erkennbarer semantischer Synergismus. Bei sehr vielen, man würde fast sagen bei den meisten Beispielen ergibt sich durch die Ausdrucksweise mittels HDD eine wesentlich höhere Schärfe der Aussage, als das durch die Ausdrucksweise mittels Einzelwörter gegeben scheint. Die Grenze zur intendierten Tautologie (‚immer und ewig‘) ist natürlich fließend, andererseits ist es nicht immer leicht, ein gemeinsames semantisches Feld der beiden HDD-Partner zu finden.

 

Diese sehr charakteristische Ausdrucksweise mittels HDDs als Stilmittel und in ihrer Formelhaftigkeit weist auf ein sehr hohes Alter hin, sie geht wohl auf den gemein-indo-europäischen (IE) Sprachhorizont (vor mindestens 4000 bis 5000 Jahren) zurück. Die Formelhaftigkeit ist auch der Grund, warum sich in Amts-, Gerichts- und Rechtssprache viele HDDs finden lassen. Abgesehen davon ist das Gebären immer neuer HDDs für Standard- und Umgangssprache wie auch für die Literatur, vor allem in der Lyrik, bis in die Neuzeit und Gegenwart sehr gut zu beobachten. Manche diese ‚neuen‘ HDDs haben keine, andere eine eher lokale, andere vielleicht sogar große Verbreitung gefunden, wiederum andere ‚neo- HDDs‘ sind zwar verbreitet, es fehlt ihnen aber das ästhetische Element eines ‚wirklich guten‘ HDDs (s.u.).

 

Um als echtes und schönes HDD (‚HDD Erster Klasse‘) zu gelten, der es wirklich verdient kategorisiert und gesammelt zu werden, sollten folgende Kriterien, zumindest im wesentlichen, erfüllt sein:

 

Formal: Das erste Semantem des HDD besteht sehr oft aus einer Silbe, das zweite fast immer aus einer oder zwei (abgesehen von Gerundien, Partizipien, Infinitiven). Ausnahmen von dieser Regel weisen auf ein geringeres Alter des HDD hin. Häufig zeigen die Partner Alliteration, Assonanz oder Reim. Wie die Formelhaftigkeit der Ausdrucksweise ist die Häufigkeit von Alliteration, Assonanz und Reim ein Argument für ein hohes Alter der jeweiligen Redefigur.

 

Inhaltlich: Es sollte entsprechend der obigen Definition klar ersichtlich sein, dass durch die Verpaarung der beiden Semanteme Kooperation und Synergismus entsteht, und es zu eine schärferen Beschreibung sowie zu einer Betonung der auszudrückenden Gegebenheit(en) kommt. (z.B.; Er fiel mit Pauken und Trompeten durch die Prüfung > Er war besonders schlecht). Verwendungsfrequenz: Die HDDs sollten, um der 1. Klasse dieser Liste anzugehören, zur Ausdrucksweise des Amtsmannes und des von Berufs wegen schreibenden und vortragenden gebildeten Menschen gehören und in Standard- , Umgangs- und Amtssprache nicht zu selten verwendet werden.

 

Die HDDs der 1. Klasse finden sich also im aktiven Sprachgebrauch vieler, passiv bei den meisten Sprechern IE-Tochtersprachen, im gegebenen Fall Neuhoch- deutsch; man kann HDDs dieser Klasse in allen Sprachebenen begegnen. Die Formalkriterien (s.o.) sind typischerweise eingehalten: Alliteration/ Reim/Assonanz sind häufig, ebenso ist die Formelhaftigkeit charakteristisch. Die moderneren HDDs versuchen sich dem Stil der Älteren anzupassen. Bemerkenswert ist – neben dem semantischen Synergismen, die die Ausdrucksweise mittels HDD gerade der 1. Klasse hervorbringen – ein stilistischer Mehrwert, häufig auch eine deutlich zu beobachtender onomato- poetischer Synergismus; gemeinsam klingt das Pärchen einfach ‚schöner‘, eindrucksvoller, prägnanter als jeder Partner für sich.

 

In die 2. Klasse wurden HDDs aufgenommen, die nicht alle wesentlichen Kriterien erfüllen, die ‚Philosophie‘ eines HDD aber deutlich zu spüren ist. Im weiteren werden lokal verwendete Verpaarungen und manch schönes HDD aus der Literatur in die Liste der 2. Klasse HDDs aufgenommen, z.B. ‚ein Anblick grässlich und gemein, drum zog ihn der Senat auch ein‘; Morgenstern), die aber keinen allgemeinen Gebrauch erfahren bzw. erfahren haben. Die modernen Medien, und mit ihnen die Werbung, haben ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zu der Menge der ‚modernen‘ HDDs geleistet; einige schöne Beispiele wurden aufgenommen.

 

Schließlich soll auch soll die Beobachtung nicht unerwähnt bleiben, dass praktisch Jeder ab einer gewissen Bildungsstufe gar nicht selten, wenn er sich auf seiner obersten Sprachebene, gelegentlich aber auch auf dem Level der gehobenen Umgangssprache bewegt, ad hoc formulierte HDDs verwendet, um seiner Rede formal und seiner Informationsweitergabe inhaltlich vermehrtes Gewicht und Nachdruck zu verleihen. Achten Sie darauf und denken Sie an uns!

 

HDD 1. Klasse 
 

a) Substantiva

 

In Acht und Bann

Mit Ach und Krach

Bei Adam und Eva beginnen

In Amt und Würden

In Angst und Schrecken versetzen

Art und Weise

In Bausch und Bogen

Blut und Boden

Blut und Wasser schwitzen

Mit Brief und Siegel

Brot und Spiele

Mit Bomben und Granaten *

Unter Dach und Fach

Dreh- und Angelpunkt

Es fehlt an allen Ecken und Enden *

Mit Ecken und Kanten *

Auf Ehr‘ und Gewissen

Durch Eis und Schnee

Ohne Fehl und Tadel

Mit Feuer und Flamme *

Fraß und Völlerei

Vorbei an Freund und Feind

Mit Fug und Recht

In Furcht und Schrecken versetzen

Auf Gedeih und Verderb *
Gift und Galle spucken

Mit Glanz und Gloria

Er kennt Gott und die Welt

Grund und Boden

Aufgenommen in Gunst und Gnade

Hab und Gut

Hals- und Beinbruch (Pflichtantwort: Wird schon schiefgehen)

Etwas hat Hand und Fuß

Haus und Hof verlieren

Mit Haut und Haar

Aus Haut und Knochen bestehen

Auf Heller und Pfennig *

Heim und Herd

Mein Herr und Gebieter

Mein Herr und Meister

Auf Herz und Nieren prüfen

Hinz und Kunz

Hohn und Spott bzw. Spott und Hohn

Da ist Hopfen und Malz verloren *

In Hülle und Fülle *

Seit Jahr und Tag

Aus Jux und Tollerei

Mit Kind und Kegel

Auf Knall und Fall

Kopf und Kragen riskieren

Keine Kosten und Mühen * scheuen
Wie Kraut und Rüben

Krethi und Plethi *

Kummer und Sorgen *

Land und Leute kennenlernen

Um Leib und Leben fürchten

Leib und Magen..

Mit Leib und Seele

Auf Lieb‘ und Treu‘

Mit List und Tücke

In Lohn und Brot stehen

Von Luft und Liebe leben

Nichts als Lug und Trug

Je nach Lust und Laune

Macht und Einfluss

Mit Mann und Maus

Durch Mark und Bein

Mit Maß und Ziel

Mittel und Wege* finden

Auf Mord und Brand streiten

Mord und Totschlag

Mit Müh‘ und Not

Müh‘ und Plag

Bei Nacht und Nebel

Neid und Missgunst

Not und Elend herrscht

An Ort und Stelle
Mit Pauken und Trompeten *

Wie Pech und Schwefel

Seine Pflicht und Schuldigkeit getan haben

Preis und Dank

Mit Putz und Stingl

Außer Rand und Band geraten

Von Rang und Namen

Ohne Rast und Ruh

Mit Rat und Tat zur Seite stehen

In Rauch und Flammen aufgehen

Nach Recht und Gesetz

Recht und Ordnung herrscht

Rede und Antwort stehen *

In Reih‘ und Glied aufstellen

Rotz und Wasser heulen

Ruhe und Ordnung * wiederherstellen

In Sack und Asche gehen

Mit Sack und Pack

In Samt und Seide

In Saus und Braus leben

Namen sind Schall und Rauch

Mit Schimpf und Schande

Hinter Schloss und Riegel

Mit Schmach und Schande

Schmutz und Schund

Auf Schritt und Tritt folgen
Von echtem Schrot und Korn

In Schutt und Asche legen

Unter dem Schutz und Schirm

Schutz und Trutz

Sinn und Zweck des Ganzen

Speis und Trank

Spiel und Spaß

Mit Spott und Hohn (auch: Mit Hohn und Spott)

Stein und Bein schwören

Über Stock und Stein

Nach Strich und Faden

Mit Stumpf und Stiel

Sturm und Drang

Tand und Talmi

Er fürchtet nicht Tod und Teufel

Auf Treu und Glauben

Üb immer Treu‘ und Redlichkeit

Zwischen Tür und Angel

Tür und Tor öffnen

Vater und Mutter

Für Volk und Vaterland

Wald- und Wiesen-

Bei Wind und Wetter

Nach bestem Wissen und Gewissen *

Wohl und Wehe

In Wort und Schrift
Durch Wort und Tat

Mit Zähnen und Klauen * verteidigen

Zeter und Mordio * schreien

Unter Zwang und Drang

Es geschehen noch Zeichen* und Wunder

Es herrscht Zucht und Ordnung

 

* Ausnahme von der Einsilbigkeit des 1. HDD-Wortes

 

b) Verbalformen

 

Auf Biegen und Brechen

Da nützt kein Bitten und Betteln

Da hilft kein Bitten und Flehen

Es blüht und gedeiht

Das kann man drehen und wenden, wie man will

Erstunken und erlogen

Geputzt und gestriegelt

Gestiefelt und gespornt

G’schneuzt und kamp'lt

Mit Hängen und Würgen

Hegen und pflegen

Es wird Heulen und Zähneknirschen sein

Es vergeht einem Hören und Sehen

Wie er leibt und lebt

Ohne Murren und Knurren

Recken und strecken

Sage und schreibe

Schalten und walten

Singen und klingen

All mein Sinnen und Trachten

Täuschen und tarnen bzw. tarnen und täuschen

All sein Tun und Trachten/Handeln

Keine Ahnung haben von Tuten und Blasen

Vergeben und vergessen

Verraten und verkauft

Wachsen und gedeihen

Weinen und wehklagen

Ohne Zaudern und Zagen/Zögern

Es geschehen noch Zeichen und Wunder

Zittern und beben

Ohne Zittern und Zagen/Zögern

 

c) Präpositionen/Adverba/Adjektiva

 

Ab und zu

Ach und weh!

Alt und klapprig

Alt und krank

An und für sich

Mir ist angst und bange

Ein stetes Auf und Ab

Arm und alt

Auf und davon

Aus und vorbei

Blitz und blank

Da und dort

Dann und wann

Durch dick und dünn

Er sitzt da, dick und fett

Dies und das

Dieses und jenes

Ich bin drauf und dran

Das ganze Drum und Dran

Es geht drunter und drüber

Seit eh und je

Mein Ein und Alles

Einsam und allein

Einsam und verlassen

Das dient einzig und allein, um ......

Essen und Trinken

Fix und fertig

Form- und fristgerecht

Frank und frei

Frisch und munter

Froh und munter

Gang und gäbe (Man findet auch: gang und gebe sowie Gang und Gebe)

Ganz und gar

Gesund und munter

Glücklich und zufrieden

Grau und traurig wirken

Im Großen und Ganzen

Jemanden grün und blau prügeln

Sich grün und gelb ärgern

Gut und gern

Alles, was gut und teuer ist

Heimlich und leise

Hieb- und stichfest

Hie(r) und da

Hierund heute

Hier und jetzt

Hin und her

Hin und wieder

Ich verspreche hoch und heilig

Hüben und drüben

Auf immer und ewig

In- und auswendig

Das ist und bleibt ...

Klar und deutlich

Klipp und klar

Kreuz und quer

Sich krumm und blöd verdienen

Sich krumm und schief lachen

Kurz und bündig

Kurz und gut

Kurz und klein schlagen

Kurz und knapp

Kurz und schmerzlos

Lang und breit erklären

Laut und deutlich

Das schafft er leicht und locker

Leicht und luftig

Du bist mir lieb und wert

Mild und sanft

Nackt und bloß

Niet- und nagelfest

Nie und nimmer

Null und nichtig

Offen und ehrlich

Rank und schlank

Das ist nur recht und billig

Ruhig und gelassen

So recht und schlecht

Saft- und kraftlos

Sang- und klanglos untergehen

Samt und sonders

Schief und krumm

Schlank und rank

Schlicht und einfach

Schließlich und endlich

Schön und gut, aber.....

Sinn- und zwecklos

Starr und steif

Steif und fest behaupten

Still und heimlich

Still und leise

Tief und fest schlafen

Tot und begraben

Mein Um und Auf

Sich voll und ganz einsetzen

Ohne wenn und aber

Weit und breit kein Wirtshaus

Wort- und grußlos

Ziel- und planlos

 

HDD 2. Klasse

 

Beispielhaft einige Wendungen, die den o.a. Kriterien formal oder inhaltlich nicht vollständig genügen oder keine besonders große Verbreitung und Verwendungshäufigkeit gefunden haben, denen das Konzept des Ausdrucks mittels HDD aber ganz klar zu Grunde liegt. Diesen HDDs sieht man in der Regel ihr geringeres Alter sofort an. Darüber hinaus wurden unter diesem Punkt einige bekannte HDDs aus der deutschsprachigen Literatur aufgenommen, um die Lebendigkeit dieses phraseologischen Phänomens zu zeigen:

 

Alt und kleinwunzig (2. Semantem etwas entfernt)

Für Arsch und Friedrich (> vergeblich, sinnlos; Semantemüberlappung nicht leicht zu sehen; versteht sich aber eindeutig als HDD)

Augen und Ohren offenhalten

Beistand und Hilfe anbieten

Bits und Bytes

Blitz und Donner

Brot und Arbeit

Bei Brot und Wasser (früher wörtlich?)

Donner und Doria

Drang und Zwang

Sich dumm und blöd verdienen

Dumm und dämlich

Dumm und dusselig

Dreckig und speckig

Echt und ehrlich (cit. K.-H. Rummenigge, Uhrensammler; formal perfekt)

Ich sag dir das jetzt ein zweites und ein drittes Mal

Essen und Trinken

Das dauert ewig und drei Tage

In Feld und Flur

Mit Feuer und Schwert

Forschung und Entwicklung (neuer Ausdruck; HDD-Konzept gut erkennbar)

Frei und gläubig (P. von Preradovic)

Eine Partnerschaft ist ein stetes Geben und Nehmen

Glück und Segen auf all deinen Wegen

Gold und Silber

Gram und Schmerz (Deutsche Messe 1; F. Schubert)

In Gunst und Gnade aufgenommen werden

Nichts Halbes und Ganzes (Eigentlich kann man damit nichts anfangen)

Mit Haken und Ösen (gefinkelt)

Hauen und stechen

Hell und klar (Matthias Claudius)

Herr und Hund (Thomas Mann)

Mit Herz und Hirn (zugleich mit emotionalem und rationalem Einsatz vorgehen)

Herz und Schmerz (der deutsche Schlager)

Himmel und Hölle in Bewegung setzen (Himmel und Hölle sind anscheinend einander semantisch nah genug!)

Wie Hund und Katz

In- und auswendig (inhaltlich ok)

Dem geb‘ ich kalt und warm

Klatsch und Tratsch

Ich bin klug und weise (Zar und Zimmermann)

Ein herrscht ein stetes Kommen und Gehen

Mit Kopf und Verstand

Keine Kosten und Mühen scheuen

Kraft und Herrlichkeit

Küche und Keller sind vom Feinsten

Kunst und Krempel (TV-Serie; formal perfekt)

Lack und Leder (soll ein Vergnügen sein)

Lob und Anerkennung aussprechen

Macht und Einfluss

Mantel- und Degenkommödie

Mast und Schotenbruch (‚Hals und Beinbruch‘ der Segler)

Matsch- und Schneereifen

Milch und Honig (Ovid, aurea aetas)

(Wer reitet so spät durch) Nacht und Wind

Nackt und bloß

Seid nüchtern und wachsam (Neues Testament)

Obst und Gemüse (pflanzliche Ernährung; Veggie day)

Pest und Cholera (eines allein reicht nicht)

Er redet ohne Punkt und Komma

Ohne Rast und Ruh (Goethe)

Rhythm and Blues

Risiken und Nebenwirkungen

Ruhig und gefasst wirken

Rund und g’sund (semantische Felder etwas weit voneinander entfernt; Assonanz)

Schall und Rauch

Schlank und krank (nach schlank und rank; formal perfekt, inhaltlich?)

Schlecht und recht (formal perfekt)

Schmerz und Leid

Spiel und Spaß

Still und starr liegt der See (O Tannenbaum)

Still und stumm (das Männlein im Walde)

Stock und Hut (steht ihm gut)

Tipps und Tricks

Über drüber (formal nicht ganz korrekt: ‚und‘ fehlt; sonst ok)

In Wald und Flur

Im Wald und auf der Heide (da such ich meine Freude)

Wonne und Waschtrog

Wüst und leer (Schlag nach bei Moses)

Zank und Hader

Zins und Zinseszinsen (Rendite; eine Exponentialfunktion)

Ich spür im Bauch ein Zwicken und Zwacken

 

APPENDIX

 

Interessanterweise kann man auch die Redefiguren Hen dia tris (oder hen dia trion; selten) und Hen dia tetrakis (sehr selten) finden; sie finden sich im Griechischen und im Lateinischen (incl. Romanischen Sprachen) häufiger als im Deutschen. Hier aufgelistet sind einige Beispiele aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, den modernen Medien und der Werbung. Gelegentlich findet man diese Redefiguren in der deutschsprachigen Literatur und im Volksmund.

 

Hen dia tris:

 

Alles rennet, rettet, flüchtet (> Panik; Schiller)

Bei Arbeit, Sport und Spiel (> zu jeder Gelegenheit; Werbung)

Bauer, Bürger, Edelmann (> alle Stände; eben alle)

Blind, taub und optimistisch (> Helen Keller)

Blut, Schweiß und Tränen (> Es wird ungemütlich werden; Churchill)

Dick, faul und gefräßig (> verärgerte Erziehungsberechtigte)

Dumm, faul und gefräßig (idem)

Ehre, Freiheit, Vaterland (> Spruch der Burschenschafter)

Einigkeit und Recht und Freiheit (> der Idealzustand; Hoffmann v. Fallersleben)

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit (> auch ein Idealzustand; 4. Juli)

Freunde, Römer, Mitbürger (> ihr seid doch alle meiner Meinung! Shakespeare)

Friede, Freude, Eierkuchen (> alle sind lieb zueinander)

Glaube, Hoffnung, Liebe (> nur so lassen sich die Mühen des Lebens ertragen)

Götter, Gräber und Gelehrte (sollte heißen: ‚Die Grabräuber‘; Ceram) 
Gut, besser, Gösser (> einprägsam!)

Heimlich, still und leise (> unbemerkt)

Husten, Schnupfen, Heiserkeit (> lässt sich kaum anders ausdrücken)

Jubel, Trubel, Heiterkeit (> coole Party)

Kinder, Küche, Kirche (> wohin Frauen angeblich gehören)

Lasset uns singen, tanzen und springen (Fallersleben)

Lieben, achten und ehren (> bis wann??)

Mit Mann, Ross und Wagen (> So hat sie Gott geschlagen; 18./19. Jh.)

Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen (Du warst dabei, das reicht!)

Nepper, Schlepper, Bauernfänger (heute: Hacker und Phisher)

Pleiten, Pech und Pannen (> alles geht schief; TV)

Pomp, Prunk und Pracht (> Adelshochzeit)

Prunk, Pracht und Herrlichkeit (idem)

Quadratisch, praktisch, gut (was eigentlich? Ritter Sport Schokolade)

Schneller, höher, stärker (> nach: citius, altius, fortius; de Coubertin)

Spiel, Satz und Sieg (> gewonnen)

Mit Schirm, Charme und Melone (> altmodisch-britisches Timbre; TV)

Sex, Drugs and Rock’n Roll (> The Rolling Stones)

Sitzt, passt, hat Luft (> perfekt; mit ‚wackelt‘ an 3. Stelle ein Hen dia tetrakis)

Durch Sonne, Mond und Sterne schießen (> hoch gewinnen)

Still, heimlich und leise (Erweiterung der HDD ‚Still & heimlich‘ sowie ‚still & leise‘)

Der Weg, die Wahrheit und das Leben (> Neues Testament)

Verliebt, verlobt, verheiratet (> dann folgt kein s.u. mehr)

Wein, Weib und Gesang (> noch coolere Party)

Wiesen und Felder und Auen (> Countryside)
Zimmer, Küche, Kabinett (> beengte Wohnverhältnisse)

 

Dass die Abfolge der Silben, sozusagen das ‚Versmaß‘ der aufgelisteten Sequenzen (37), nicht zufällig ist, scheint wert, betont zu werden. Auf der einen Seite finden sich die rhythmusbrechenden Verteilungen (1/1/2+; 8 mal) und 2/2/3+; 10 mal) auffallend oft (zusammen > 50%), andererseits kommen auch die ‚Gleichsilbler‘ (1/1/1, 2/2/2, 3/3/3) signifikant häufig (11 mal) vor. Von den restlichen Verteilungen (8) fällt vielleicht noch 2+/1/1+ auf (5 mal). Offensichtlich erhöhen die drei häufigsten Muster (zusammen über 75%) ganz besonders die Einprägsamkeit der jeweiligen Sentenz.

 

Hen dia tetrakis:

 

Amsel, Drossel, Fink und Star (> die ganze Vogelschar)

Bächlein, Lerchen, Wald und Feld (Eichendorff)

In Berg und Wald und Strom und Feld (Eichendorff)

Dick, fett, faul und gefräßig (> verärgerte Erziehungsberechtigte)

Frisch, fromm, fröhlich, frei (> Deutsche Turner: kaltes Wasser, Morgensport, Wandern in Deutschen Wäldern usw.; man findet auch das Hen dia tris ‚frisch, fromm, frei‘)

Frisch, frei, stark, treu (> idem; Motto des Turnerbundes, 19. Jh.)

Messer, Gabel, Scher‘ und Licht (> atypisches Kindespielzeug)

 

Das Silbenmuster ist 2/2/1/1 (3 mal), 1/1/1/1 (2 mal), sowie 1/1/1/3 und 1/1/2/1. Die Zahl der Beispiele ist zu gering, um eine haltbare statistische Aussage treffen zu können.

 

Zum Abschluss ein Beispiel aus dem wohl berühmtesten deutschsprachigen Gedicht, Das Lied von der Glocke‘ (Friedrich Schiller; 1759 -1805):

Der Mann muß hinaus

Ins feindliche Leben,

Muß wirken und streben

Und pflanzen und schaffen,

Erlisten, erraffen, 

Muß wetten und wagen,

Das Glück zu erjagen.

 

Um ‚das Glück zu erjagen‘, muss der Mann 4 HDDs absolvieren.

 

Vielleicht haben wir angeregt, dass sich Viele nun auf die Jagd nach HDDs und anderen Redefiguren in (vor allem) Lyrik, Dramatik und Epik (auch in Prosa) begeben. Erstens macht das Spaß, außerdem beschäftigt man sich (wieder?) einmal mit den Meistern der deutschen Sprache, den Dichtern und Schriftstellern.

 

 

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